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Eine verrückte Idee oder nur ein bisschen der Zeit voraus?

Wie kann man preiswerten Wohnraum schaffen, ohne neue Flächen zu versiegeln? Und das auch noch zu erschwinglichen Preisen für die Gemeinde? Die Grünen haben bei den Haushaltsberatungen hierzu einen ungewöhnlichen Vorschlag gemacht, der leider von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurde.

Gibt es Ideen jenseits von Abriss und Neubau? (Foto: M. Delbrück)

Unser Vorschlag läuft auf ein sogenanntes Contracting-Verfahren hinaus – wie es manche vielleicht vom Solardach her kennen: Weil mir die viele Bürokratie zu viel wird, lassen ich eine Firma auf meinem Dach Fotovoltaik installieren, die sich um das Klein-klein kümmert und dafür einen Teil des Gewinns erhält. Übertragen auf die Wohnsituation hieße dies Folgendes:

  • Mehr Wohnraum im Bestand ist vor allem durch Dachausbauten und Aufstockungen möglich. Dass wir dies als Gemeinde fördern wollen (der erste Teil unseres Antrags), war Konsens im Haushaltsausschuss.
  • Weil aber so ein Ausbau die Hausbesitzerin oder den Hausbesitzer viel Zeit und Nerven kosten kann, bietet die Gemeinde ihre Hilfe an: Sie tritt als Bauherr und ggf. auch als Vermieterin auf und teilt sich dann mit dem/r Hausbesitzer·in den Ertrag. Die Gemeinde besitzt übrigens eine Reihe von Immobilien im Ort, z. T. auch selbst gebaut, um ihren sozialen Verpflichtungen nachkommen zu können.
  • Der Witz ist nun, dass dieser neue Wohnraum für einen gewissen Zeitraum (z. B. 20 Jahre) preiswerter als auf dem überhitzten Immobilienmarkt angeboten wird. Als Mieter·innen kämen Personen in Frage, die einen gewissen Punktekatalog erfüllen (z. B. niedriges Einkommen, Herkunft aus Dossenheim, besondere Notlage etc.).

Will der Hausbesitzer eventuell schon nach 10 Jahren wieder allein über seine Wohnung verfügen, zahlt er die anteiligen Kosten an die Gemeinde zurück. Dies kann z. B. bei Eigenbedarf der Fall sein. Wie gesagt, in dem Modell können sowohl die Gemeinde als auch die/der Hausbesitzer·in vermieten. Täte dies die Gemeinde, bräuchte sich der/die Hausbesitzer·in nicht um bauliche oder zwischenmenschliche Probleme und die Suche nach geeigneten Mieter·innen kümmern … Auch beim Ausbau könnte man sehr flexibel vorgehen. Es ist für uns nicht wichtig, dass die Gemeinde selbst baut, sondern dass gebaut wird – und hinterher bezahlbarer Wohnraum ohne Flächenfraß entstanden ist.

Dieser innovative Ansatz böte sozusagen die Chance auf eine Win-Win-Win-Situation: Die Gemeinde stellt preiswerten Wohnraum zur Verfügung (was wir alle wollen) und das zu Kosten, die sehr viel günstiger sind als komplett selbst zu bauen. Der/die Vermieter·in bekommt eine neue Einliegerwohnung zu einem günstigen Preis, die nach z. B. 20 Jahren zur freien Verfügung steht und zu Marktpreisen zu vermieten wäre. Die Mieter·innen könnten 20 Jahre lang zu vernünftigen Preisen in Dossenheim zuhause sein. Und unsere Umwelt wird geschont, weil keine neue Flächen versiegelt werden und die übrigen Belastungen durch Baugebiete auf den letzten grünen Wiesen im Ballungsraum Rhein/Neckar entfallen. Übrigens: mit der richtigen Kalkulation kommt über die 20 Jahre sogar ein kleines Plus zusammen, das dann Hausbesitzer·in und Gemeinde zugute käme.

Wie gesagt, im Gemeinderat herrscht Einigkeit über zwei Punkte: wir wollen mehr preiswerten Wohnraum und wir sind für den Ausbau von Dachstühlen im Ort. Wenn nun also das Contracting-Verfahren nicht einmal ausprobiert werden soll, dann brauchen wir hierfür andere kreative Ideen. Wir sind gespannt.

Kilian Kilger, Hergen Schultze)

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