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Eine kommunale Baugesellschaft? So kann das gehen

Zu diesem Thema fand am 30.01.2020 eine Veranstaltung mit Karl Scheinhardt, Geschäftsführer der Kreisbaugesellschaft Tübingen, statt.

Eine kommunale Baugesellschaft? So kann es gehen

Das Thema „kommunale Baugesellschaft“ wird mindestens seit dem Kommunalwahlkampf letztes Jahr in Dossenheim diskutiert – und nicht nur dort. Um Informationen aus erster Hand zu bekommen, hatten wir Karl Scheinhardt, hauptamtlicher Geschäftsführer der Kreisbaugesellschaft Tübingen mbH, nach Dossenheim eingeladen. Bei der gut besuchten Veranstaltung am 30. Januar –dabei auch VertreterInnen der übrigen Dossenheimer politischen Gruppierungen, aus der Verwaltung sowie aus den Nachbargemeinden – berichtete er über das von ihm geleitete kommunale Unternehmen und stellte sich den Fragen aus dem Publikum. Vor allem ging es dabei natürlich um die Frage, ob und wie so etwas auch bei uns sinnvoll sein kann.

Die Kreisbau Tübingen gibt es bereits seit über 80 Jahren, seit 1953 ist sie eine GmbH. Die größten Gesellschafter sind Stadt und Landkreis Tübingen so wie die Tübinger Kreissparkasse, dazu kommen 15 weitere, auch kleine Kommunen. Satzungszweck der Gesellschaft ist es,

  1. „zu einer sozial verantwortbaren Wohnungsversorgung für breite Schichten der Bevölkerung beizutragen,
  2. die kommunale Siedlungspolitik und Maßnahmen der Infrastruktur zu unterstützen und
  3. städtebauliche Entwicklungs- und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen.“

von links: Moderator Peter Wilhelm, Gemeinderat Hergen Schultze, Karl Scheinhardt und Fraktionssprecher Friedeger Stierle (Foto: M. Delbrück)

Die Gesellschaft besitzt über 2000 Wohnungen und andere Objekte wie ein Pflegeheim, Garagen und Gewerbeeinheiten. Neben Bau und Verwaltung von Gebäuden führt sie im Auftrag der Gemeinden städtebauliche Projekte durch. Aufgrund einer minimalen Eigenkapital-Rendite, kommunaler Grundstücke ohne Spekulationspreise und einem langen Atem bei der Abschreibung von Baukosten kann die Gesellschaft gleichzeitig verhältnismäßig preiswerte Mieten anbieten und überdurchschnittlich viel in Erhaltung und Sanierung investieren, ohne Verluste zu schreiben. Ein Unterschied im Vergleich zur Bauabwicklung durch eine Gemeindeverwaltung ist, dass eine kommunale Baugesellschaft als GmbH ihre Aufträge nicht (ggf. europaweit) ausschreiben muss, sondern gezielt regionale Handwerksbetriebe beauftragen kann.

In der Fragerunde ging es vor allem um die folgenden Themen:

  • Wie kann die Kreisbau heute noch preiswert bauen? In der Stadt Mössingen gelang ein Neubauprojekt mit 6,22 €/m2 Kaltmiete mithilfe von Landesfördermitteln, einer bewusst einfachen Auslegung (z. B. ohne Keller und Aufzug) und einem Preis von 200 €/m2 für das bisher städtische Grundstück. Dies wäre in der Stadt Tübingen so nicht möglich gewesen, aber es zeigt, was möglich ist, wenn man an allen verfügbaren Schrauben dreht.
  • Wie werden Mieter ausgewählt und wie sieht es mit Mieterhöhungen aus? Bei frei finanzierten Wohnungen spielt – neben grundsätzlicher Zahlungsfähigkeit – vor allem das Einfügen in die Hausgemeinschaft eine Rolle sowie das Ausnutzen des Wohnraums (keine 5-Zimmer-Wohnung an Einzelpersonen), für sozial gebundene Wohnungen gibt es detaillierte Vergaberichtlinien. Mieterhöhungen orientieren sich an örtlichen Vergleichsmieten und am Zeitraum seit der letzten Erhöhung, der soziale Auftrag wird jeweils berücksichtigt. In jedem Fall ist die Geschäftsführung allein verantwortlich, muss sich aber natürlich den Gesellschaftern gegenüber erklären.
  • Ist es heute noch zeitgemäß, eine kommunale Baugesellschaft zu gründen und wie lange würde dies dauern? Anders als vor 10–20 Jahren sind heute solche Gesellschaften wieder sehr „in“ (kürzlich hat Schwetzingen eine Wohnungsbaugesellschaft gegründet, siehe RNZ online vom 22.1.). Das juristische Anmelden einer GmbH dauert etwa ein Vierteljahr, die betriebswirtschaftlichen etc. Vorbereitungen können allerdings 1–2 Jahre erfordern. Wichtig ist laut Scheinhardt, dass die gründende Kommune einen Bestand an eigenen Wohnungen einbringen kann – Dossenheim besitzt derzeit etwa 50 Wohnungen. Einfacher wird es, wenn wie in Tübingen mehrere Kommunen gemeinsam aktiv werden; allerdings muss dies nicht unbedingt der ganze Landkreis sein, sinnvoller wären benachbarte Gemeinde oder Städte mit vergleichbarer Größe und Wohnungssituation. In diesem Zusammenhang war es erfreulich, dass sich auch Gäste aus Hirschberg und Ladenburg an der Diskussion beteiligten. Wir Dossenheimer Grüne möchten auf jeden Fall Kontakt mit den Nachbargemeinden aufnehmen, auch mit den dortigen Grünen, aber genauso mit den anderen Fraktionen sowie den jeweiligen Verwaltungen.      

Hinweis: Die Präsentation zum Thema kann man hier herunterladen.

Blick in den Rathaussaal

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