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Zur Diskussion um das Schwimmbad in der Neubergschule

Dossenheim steht im diesem Frühjahr vor einer Reihe von Entscheidungen, die nicht einfach sind. Eine dieser Fragen kommt zwar schon seit mindestens ein bis zwei Jahrzehnten immer wieder auf, ist aber durch die Pandemie und akkumulierte Renovierungsbedarfe nun sehr akut geworden: Kann das kleine Schwimmbad im Untergeschoss der Neubergschulturnhalle nach der Pandemie seinen Betrieb wieder aufnehmen?

Der aktuelle Gemeinderat hat zu dem Thema noch keine Entscheidung getroffen. Wir Grünen meinen jedoch, dass es für die Meinungsbildung im Ort zu spät ist, wenn einerseits Nutzer·innen und andererseits Steuerzahler·innen erst mit der Verkündung eines Beschlusses erfahren, was die politischen Gruppen im Gemeinderat dazu denken. Deshalb möchten wir hier einen Diskussionsbeitrag leisten, sagen, welche Aspekte wir für entscheidend halten, und welche unterschiedlichen Gewichtungen bei uns gesehen werden. Sehr wichtig ist uns dabei der Respekt vor der jeweils anderen Meinung – sowie das Bewusstsein, dass grundsätzlich beide Seiten sehr ähnliche Ziele verfolgen: Schwimmunterricht für Kinder, niederschwellige Bewegungsangebote im Wasser insbesondere für bewegungseingeschränkte Menschen und das verantwortliche Verteilen von knappen öffentlichen Geldern auf wesentliche Zukunftsfragen. Auf diese Punkte sollten sich, so glauben wir, alle in Dossenheim einigen können. Die Frage ist „lediglich“, wie wir dies konkret beim Thema Neubergbad umsetzen können.

Um dieser schwierigen Diskussion einen Rahmen zu geben und möglichst viele Beteiligte hören zu können, lud Bürgermeister David Faulhaber Ende April zu einem Runden Tisch (der digital, also doch eher viereckig war). Daran nahmen die Sportvereine TSG, DJK und BSG, die DLRG, Schulleitung und Elternvertretung der Neubergschule, ein Ingenieurbüro sowie Personen aus Gemeindeverwaltung und Gemeinderat teil. Drei Arten von Aussagen waren zu hören: Sachinformationen sowie Argumente für und gegen die Wiederaufnahme des Badebetriebs nach Ende der Pandemie. Sachlich lässt sich abschätzen, dass die Wiederaufnahme aufgrund des baulichen Zustands Investitionskosten von etwa 250 000 bis 500 000 € erzwingen würde, die Betriebskosten werden auf 120 000 € pro Jahr geschätzt. Aufgrund des geringen Platzangebots kann immer nur eine kleine Gruppe dort schwimmen, baulich bedingt gibt es dort nur eine Umkleidekabine.

Zu den beim Runden Tisch und auch an anderer Stelle geäußerten Argumenten für eine Wiederaufnahme des Badebetriebs zählen:

  • Die Neubergschule kann als eine von wenigen Schulen der Region Schwimmunterricht für alle 4 Klassenstufen anbieten. Das ist bedeutsam angesichts der Tatsache, dass immer weniger Kinder schwimmen lernen.
  • Die geringe Wassertiefe ist für Schwimmanfänger und Bewegungseingeschränkte von Vorteil.
  • Schwimmunterricht im Hallenbad bei der Kurpfalzschule würde für die Schüler·innen zusätzliche Transportwege bzw. -zeiten bedeuten.
  • Dies gilt auch für ältere und/oder bewegungseingeschränkte Nutzer·innen aus dem oberen Ortsteil.
  • Wenn das Schulschwimmen beider Dossenheimer Schulen im großen Hallenbad stattfände, könnten dort wahrscheinlich keine Schriesheimer Kinder mehr unterrichtet werden.
  • Die heimelige Atmosphäre und die kleinen Gruppen werden sehr gelobt.

Gegenargumente sind zum Beispiel:

  • Die Kurpfalzschule bietet schon immer und mit gleichem Erfolg Schwimmunterricht im großen Bad an.
  • Mit dem gerade sanierten Hubboden ist auch im Hallenbad eine Beckentiefe ab 30 cm einstellbar.
  • Nur wenige Schulen besitzen ein eigenes Hallenbad und nur wenige Gemeinden/Städte von der Größe Dossenheims zwei Hallenbäder. Gleichzeitig haben wir wie alle öffentlichen Haushalte Corona-bedingt große Finanzierungslücken und dabei große Projekte zu bewältigten – Klimaneutralität, Sanierung von Ortsmitte und Rathaus, Sicherung des sozialen Zusammenhalts.
  • Der ökologische „Fußabdruck“ eines kleinen Schwimmbads pro Nutzer·in ist immer wesentlich schlechter als der eines großen, insbesondere wenn das große Bad kürzlich für mehrere Millionen € saniert wurde. Auch finanziell lässt sich ein größeres Bad effizienter betreiben.
  • Zudem würde die Effizienz des großen Bades weiter steigen, wenn nach Umzug der bisherigen Nutzungen im Neubergbad die Öffnungszeiten ausgeweitet würden.
  • Bei einer entsprechenden Ausweitung der Öffnungszeiten ließe sich der gesamte Badebetrieb des Neubergbads „unten“ integrieren.
  • Wenn im Untergeschoss der Neubergturnhalle kein Bad mehr wäre, ließen sich diese Räumlichkeiten für andere wichtige schulische Aufgaben nutzen.

Im Ort kursieren auch Ideen, die über das reine „schließen oder nicht“ hinausweisen. So könnte ein Trägerverein, der Spenden sammelt bzw. Crowdfunding betreibt, ähnlich wie bei der Sauna beim Hallenbad oder dem Schriesheimer Waldschwimmbad die Gemeinde bei den Betriebskosten maßgeblich entlasten. Inwiefern sich die unerlässlichen Renovierungskosten so abfangen ließen, ist aber fraglich. Umgekehrt könnten neue Mobilitätslösungen im Ort, etwa der in der Zukunftswerkstatt diskutierte „Bürgerbus“ es den bisherigen Nutzer·innen aus dem oberen Ortsteil erleichtern, Angebote im Hallenbad zu erreichen, die dann vielleicht auch in bestimmten exklusiven Nutzungszeiten ebenfalls einen „geschützten Raum“ für sich hätten.

Und was meinen jetzt wir Grünen? Wie in der ganzen Bevölkerung werden auch bei uns die Argumente unterschiedlich gewichtet. Stand der aktuellen Diskussion in Fraktion und Ortsverband ist aber, dass eine Mehrheit in der hoffentlich bald beginnenden Nach-Corona-Zeit Dossenheim mit einem so ökologisch wie möglich betriebenen, intelligent ausgelasteten und für Nutzergruppen mit besonderen Bedürfnissen offenen Hallenbad sieht. Dies ist eine wichtige Zukunftsaufgabe – Klimaneutralität, Zusammenhalt und ein lebendiger, funktionaler Ortskern sind es auch.

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