Am vergangenen Mittwoch, den 2.7., war unser grüner Bundestagsabgeordneter, sowie Fraktionsvorsitzende Fritz Kuhn, einmal wieder in Dossenheim zu Gast. Trotz sommerlicher Temperaturen war der Rathaussaal mit etwa 50 interessierten Gästen gut gefüllt. Nach einer Einleitung durch Kreisrätin und OV-Vorstandsmitglied Ute Zedler referierte Fritz Kuhn zunächst über die grüne Energiepolitik. Zunächst ging er auf das derzeit umgehende Gespenst von der „Stromlücke“ ein – dieses entpuppt sich bei näherem Hinsehen doch eher als „Stromlüge“. Denn im Moment wird in Deutschland erheblich mehr Strom produziert als benötigt, eine Lücke entsteht in den nächsten Jahren nur dann, wenn die dadurch möglichen Stromexporte (und die damit verbundenen Gewinne der großen Energiekonzerne) für unabdingbar gehalten werden. Auch andere Voraussetzungen der „Stromlücken“-Gutachten sind mit großen Fragezeichen zu versehen. Werden stattdessen Zahlen der Bundesregierung oder des Bundesumweltamts zugrundegelegt, so ist die Stromversorgung bei einem planmäßigen Atomausstieg, Ausbau der erneuerbaren Energiequellen und allmählichem Umstieg von Kohle auf das klimafreundlichere Erdgas in den nächsten Jahren durchaus gesichert.
Wichtiger als die aufgeregte Diskussion über aktuell kursierende Gutachten ist aber sicherlich die Frage, wie es weitergehen soll mit der Energiepolitik. Als Leitlinie schlug Kuhn die „drei E“ vor:
Einsparung: nach wie vor kann an vielen Stellen Energie eingespart werden, die dann nicht erzeugt und teuer eingekauft werden muss. Wichtigstes Beispiel ist die Wärmedämmung von Gebäuden, aber auch in Industrie, privaten Haushalten und Verkehr ist immer noch „viel Luft“. Ein Drei-Liter-Auto verbraucht eben tatsächlich dreimal weniger Sprit als eines mit 9 Litern auf 100 km Tempolimit
Effizienz: viele Prozesse und Geräte können mit mehr Energieeffizienz und damit natürlicher auch wirtschaftlicher betrieben werden. Effizienzsteigerung ist aber besonders bei der Bereitstellung und beim Transport von Energie ein Thema. Kleine, dezentrale Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung können Wirkungsgrade von 90 % erreichen, doppelt so viel wie große Kohlekraftwerke, deren riesiges Abwärmeangebot in der Umgebung gar nicht genutzt werden kann. „Virtuelle Kraftwerke“, wo verschiedene Energieformen sich durch intelligente Steuerung zusammengekoppelt werden, können große „Backup“-Kraftwerke überflüssig machen. Für die Übergangszeit, in welcher die erneuerbaren Energiequellen noch nicht die gesamte Energielast schultern können, gibt es viel Potenzial, die vorhandenen fossilen Energiequellen effizient und möglichst klimaschonend auszunutzen.
Erneuerbare Energiequellen: An dritter Stelle steht der Ausbau der erneuerbaren Energien. Es muss einmal mehr in Erinnerung gerufen werden ,dass die zivile Kernenergienutzung mit Milliardengeschenken an die Betreiber gefördert wurde und wird. Wäre dieses Geld seit den 1950er-Jahren konsequent in Solarforschung, Geothermie, Wind, Biomasse usw. gesteckt worden, würde es heute wahrscheinlich gar keine Energiediskussion geben (höchstens die, was wir mit den Gewinnen als Weltmarktführer der global entscheidenden Zukunftstechnologie machen wollen). Die seit Mitte der 1990er-Jahre erzielten Zuwächse bei Wind- und Sonnenenergie sind enorm – übrigens auch, was Arbeitsplätze und Aufträge für das Handwerk anbelangt. Die Spitzenverbände des Handwerks gehören mittlerweile zu den wichtigsten Verbündeten in der Auseinandersetzung mit den Stromkonzernen und den sie unterstützenden politischen Parteien!
In der anschließenden Diskussion wurde mehrfach die Frage nach Nutzen und Schaden von „Biosprit“ gestellt. Hier gibt es keine einfachen Antworten – doch Regenwald, die beste CO2-Senke, für die Biospriterzeugung abzuholzen oder die Nahrungsmittelproduktion dort einzuschränken, wo Nahrung knapp ist, darf auf keinen Fall geschehen. Fritz Kuhn verwies hier auf Biokraftstoffe der dritten Generation (BtL bzw. Biomass-to-Liquid, siehe z. B. den entsprechenden Wikipedia-Beitrag). Diese verwenden gerade nicht verzehrbare Früchte oder Pflanzenöle, sondern Reststoffe wie Stängel oder Blätter. Auch die Erzeugung von Biogas, das ins Erdgasnetz eingeleitet werden kann, aus land- und forstwirtschaftlichen Reststoffen durch mikrobielle Vergärung hat eine gute Klimabilanz und beeinträchtigt die Nahrungsmittelproduktion nicht. Weitere Fragen betrafen die EU-Energiepolitik, Kuhns persönliche CO2-Bilanz, die Lage im Atomstaat Frankreich und das Problem, dass Mieter mit hohen Heizkosten wenig Einfluss auf Inverstitionsunwillige (oder -unfähige) Vermieter haben.
Insgesamt war der Abend eine „runde Sache“: Das vielschichtige Energiethema wurde von allen Seiten kenntnisreich behandelt, schnelle Lösungen kann niemand versprechen. Doch wer einerseits die Gefahren von Klimawandel und Atomkraft kennt und andererseits die Potenziale der drei (bzw. 13!) ?„E“ Einsparung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien erkennt, kann durchaus noch auf Vernunft und Kreativität der beteiligten Politiker, Ingenieure und Wähler hoff
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